Veranstaltungsbericht "Hybride Bedrohungen für Europa"

Wir, die Augsburger Hochschulgruppe für Außen- und Sicherheitspolitik (AHAS), haben uns gefreut euch bei unserer ersten Veranstaltung im Sommersemester 2023 begrüßen zu dürfen.

Hauptmann Fabian von Skrbensky ist Jugendoffizier (Referent für Sicherheitspolitik) in Augsburg und ist auf die Thematik rund um hybride Bedrohungen für Europa eingangen.

 

Am 19.04.2023 hielt Hauptmann Fabian von Skrbensky, ein Jugendoffizier mit einer bemerkenswerten Karriere im Bereich der Sicherheitspolitik, einen Vortrag an der Universität Augsburg. Er besitzt eine interessante persönliche Geschichte, da er in der ehemaligen DDR im Mecklenburg-Vorpommern geboren wurde und seine Eltern in Moskau tätig waren. Diese Verbindung zum Osten und seine Erfahrungen mit deutsch-russischen Beziehungen haben sein Interesse an Außen- und Sicherheitspolitik geprägt, seine Masterarbeit schrieb er über russische Geschichte und die Geschichte der Gulags. Trotz seiner Erfahrungen und seines Fachwissens betonte er bescheiden, dass er selbst nicht wichtig sei, sondern lediglich ein Mittel zum Zweck. Er ermutigte die Teilnehmer dazu, konservative Methoden mit einer Kombination aus Cyberund Wirtschaftsstrategien zu erwarten, um hybriden Bedrohungen in Europa zu begegnen.

Der Vortrag begann damit, das Immunsystem des menschlichen Körpers und seine Funktion als Abwehrsystem gegen Viren und Krankheitserreger zu erklären. Anschließend zog er eine Parallele zum Immunsystem eines Staates und nannte Beispiele wie die Polizei, Sicherheitskräfte und die Bundeswehr, aber auch die Zivilgesellschaft.

Im weiteren Verlauf des Vortrags wurde auf die Warnung des Mossad vor einer Aushöhlung der Demokratie in Israel eingegangen. Dabei wurde Bezug genommen auf Thomas Hobbes' Werk "Leviathan" und die Bedeutung von Begriffen wie Zivilgesellschaft, Kultur, Ehrenamt und Freiheit. Die Idee der Zivilcourage wurde ebenfalls erläutert und anhand von Beispielen wie Fußball und dem Engagement für soziale Projekte verdeutlicht. Besonders betont wurde hierbei, dass die Zivilgesellschaft in Deutschland zu den zwei Prozent der Welt gehört, in denen sie überhaupt existiert und jeder Bürger sei zur Zivilcourage verpflichtet. Der Referent diskutierte das Gegenteil einer Zivilgesellschaft und wies darauf hin, dass Desinteresse an Politik die Grundlage dafür bildet.

Er hob hervor, dass in der heutigen hoch digitalisierten Welt das Wissen der Menschheit alle 10 Jahre verdoppelt wird. Die Teilnehmer wurden dazu ermutigt, die Welt als "Ameisenhaufen" zu betrachten, der aufgrund der Volatilität, Unsicherheit, Komplexität und Mehrdeutigkeit (VUCA) Probleme aufweist, für viele Menschen wirkt die heutige Welt einschüchternd und entmutigend. Es wurde darauf hingewiesen, dass der Mensch trotz all seiner Kultur und Sprache im Kern ein Tier bleibt und sich besonders in der heutigen VUCA-Welt kaum verändern wird. VUCA ist hier ein Akronym für die Begriffe: volatility (Volatilität), uncertainty (Unsicherheit), complexity (Komplexität) und ambiguity (Mehrdeutigkeit). In diesem Kontext wurde über die binäre Denkweise des Menschen diskutiert, die dazu führt, dass wir uns in der Nacht vor Geräuschen erschrecken und instinktiv zwischen "Fight or Flight" wählen. Er betonte, dass die menschliche Zivilisation erst seit etwa 12.000 Jahren besteht und dass es heute viel komplexere Themenfelder gibt, mit denen wir konfrontiert sind.

Ein weiterer Aspekt, der diskutiert wurde, war die Gefahr von hybriden Kriegen, bei denen Normen und Regeln verloren gehen. Es wurde auf die Definition der hybriden Kriegsführung durch die Bundeszentrale für politische Bildung (BPB) verwiesen. Die Kunst des Krieges von Sun Tzu wurde ebenfalls erwähnt, insbesondere die Fähigkeit, Einfluss auf Konflikte zu nehmen, ohne aktiv zu kämpfen, beispielhaft könnte man hier Internet-Trolle und die Verbreitung von Fake News hervorheben. Alle Normen und Regeln gehen heutzutage im Krieg- vor allem bei Hybriden Kriegen - verloren.

Es wurde auf verschiedene Beispiele für hybride Bedrohungen hingewiesen, darunter Datenleaks in den USA, Angriffe auf die Infrastruktur in Estland, Fake News und Verschwörungstheorien aus Russland sowie die Aktivitäten der Night Wolves -einer russischen Rockergruppe, welche sich zurzeit stark in Europa ausbreitet und Verbindungen zur russischen Regierung aufweist- und paramilitärische Kräfte. Es wurde betont, wie wichtig es ist, über Ereignisse in anderen Ländern informiert zu sein und die Auswirkungen hybrider Kriegsführung zu verstehen.

Der Referent hob auch die Bedeutung von Softpower als Mittel der Einflussnahme in der heutigen Zeit hervor. Er erklärte, dass Softpower die Fähigkeit eines Staates oder einer Organisation bezeichnet, andere durch Attraktivität und Überzeugungskraft zu beeinflussen, anstatt durch Zwang oder militärische Macht. Dabei wurden Beispiele wie die Verbreitung von Kultur, Sprache, Bildung und wirtschaftlicher Zusammenarbeit genannt.

Betont wurde auch als abschließenden Punkt, dass hybride Kriegsführung und Softpower oft miteinander verknüpft sind. Ein Staat kann sowohl hybride Kriegstaktiken einsetzen, um seine Interessen zu fördern, als auch Softpower nutzen, um seine Position in der globalen Arena zu stärken. Dies wurde anhand von Fallbeispielen wie China's Belt and Road Initiative, Russlands Nutzung von Energieversorgung als Druckmittel und die Verbreitung von westlichen Werten und Ideen durch die USA verdeutlicht.

Im Anschluss an den Vortrag fand eine angeregte Diskussion statt, in der die Teilnehmer ihre Ansichten zu den Themen hybride Kriegsführung und Softpower äußerten. Es wurden Fragen zur Rolle der Medien bei der Verbreitung von Fake News, zur Cyberkriminalität und zur internationalen Zusammenarbeit im Kampf gegen hybride Bedrohungen gestellt.

Abschließend betonte der Referent, dass es in der heutigen Zeit von entscheidender Bedeutung ist, sich der hybriden Bedrohungen bewusst zu sein und eine ausgewogene Mischung aus Abwehrmaßnahmen und dem Einsatz von Softpower zu finden. Er appellierte an die Teilnehmer, sich aktiv mit den Herausforderungen auseinanderzusetzen und sich für eine informierte und widerstandsfähige Gesellschaft einzusetzen. Die Veranstaltung bot den Teilnehmern einen umfassenden Einblick in die verschiedenen Aspekte von hybriden Kriegen und Softpower. Sie sensibilisierte sie für die Bedrohungen, mit denen moderne Gesellschaften konfrontiert sind, und regte zu weiteren Diskussionen und Forschungen an, um effektive Strategien zur Abwehr und Bewältigung dieser Bedrohungen zu entwickeln.

Zu dem ersten Vortrag mit dem neuen Vorstand nach der langen Corona-Pause waren mehr als 15 Teilnehmerinnen und Teilnehmer anwesend. Wir waren erfreut, so viele neue Gesichter für die Hochschulgruppe gewonnen zu haben. Die Zuhörer schätzten seine Offenheit und fanden seine persönlichen Erfahrungen sehr aufschlussreich, da sie einen Einblick in die Komplexität und die Herausforderungen der Sicherheitspolitik boten. Hauptmann von Skrbensky verstand es, die Teilnehmer zu ermutigen, die Bedeutung dieser Themen zu erkennen und ihre eigene Rolle bei der Bewältigung hybrider Bedrohungen zu hinterfragen. Der AHAS-Vorstand dankte anschließend Hauptmann von Skrbensky und freut sich diese Form an Vortrag bald zu wiederholen.